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Lesetipps
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In einem Zug
Daniel Glattauer
Dumont
2025
Der österreichische Autor Daniel Glattauer erzählt die Geschichte von Eduard, Schriftsteller zahlreicher Liebesromane und seit einer Ewigkeit glücklich verheiratet mit Gina. Eduard sitzt im Zug von Wien nach München, wo er seinem Verlag den längst versprochenen nächsten Roman liefern soll. Wenn da nicht diese Schreibblockade wäre. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht Eduards. Als sich eine Frau frühen mittleren Alters zu ihm ins Abteil setzt, fürchtet er sich vor einem aufgezwungenen Gespräch. Bald lässt sich dies allerdings nicht mehr vermeiden und die ebenfalls nach München reisende Cathrin lässt nicht locker und entlockt Eduard mehr und mehr Vertrauliches, man ist bald beim Du, begibt sich in den Speisesaal, die Fahrt nach München dauert, ein zwischenzeitlich zugestiegener junger Italiener verlässt zum Glück das Abteil bald wieder, der Wein lockert die Stimmung. Die Liebe und langjährige Ehe Eduards mit Gina wird zum beherrschenden Thema. Eduard wird uns sehr sympathisch, was er denkt, weicht oft sehr von dem ab was er sagt und das macht dieses Zuggespräch so wunderbar unterhaltsam, dass wir es mit Spannung und einem amüsierten Lächeln verfolgen. Man möchte den Zug nie in München ankommen sehen. Doch dann überrascht uns der Autor Daniel Glattauer auch noch mit einem grandiosen Ende dieser Geschichte.
Die Bienen
Meelis Friedenthal
Kommodo Verlag
2024
Eine Entdeckung unter den historischen Romanen, wie sie immersiver kaum sein könnte! Friedenthal hat sich als Dozent und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Tartu eingehend mit der Thematik der Vision und des bösen Blicks, wie sie im 13. Jahrhundert wahrgenommen wurden befasst und in seinem nun erstmals auf Deutsch vorliegenden Roman «Die Bienen» dem Ende des 17. Jahrhunderts lebenden Studenten Laurentius damit allerlei Beschwerden auferlegt. Überall glaubt er, trotz seiner vergleichsweise modernen Weltsicht, mit seiner blossen Anwesenheit Unglück zu bringen, was sich auch mit seiner Immatrikulation an der estnischen Provinzuniversität Tartu nicht zu verändern scheint. Die Stadt kämpft mit einer Hungersnot, welche nach heutiger Schätzung rund 70.000 Menschen das Leben kosten sollte. Derweil verbreiten sich Aberglauben wie Verbrechen geradezu infektionsartig und auch die Gelehrtenkreise (zwischen ihren Spekulationen über Aristoteles’ Traktat über die Seele, der königlich anerkannten Lutherischen Lehre und der sich noch immer hartnäckig haltenden Theorie vierer Körpersäfte, welche das physische Befinden regulieren sollen) scheinen sich der allgemeinen Verunsicherung nicht entziehen zu können.
Polifon Pervers
Béla Rothenbühler
Der Gesunde Menschenversand
2024
Wenn Pedro Lenz als der Schweizer Mundart-Autor der Gegenwart gilt, steht ihm Béla Rothenbühler in nichts nach. In breitestem Luzerner Dialekt erzählt er die Geschichte von Sabine und Chantal, die mit ihrem Verein „Polifon Pervers“ und einer neuen Vision von „Onderhaltig“ die Theaterszene neu beleben. Denn „Ergendöppis mösme jo mache und wenn me scho ergendöppis miech, de chönn me au grad noch de Schtärne griife“. Schon bald werden sie zu nationalen Grössen in der Theaterszene und schon bald folgen alle Formen des Betrugs dem Erfolg. Soll man übrigens ein Geldwasch-Unternehmen „Käsch-wosching“ nennen? Und auch wenn man über den Gebrauch der einzelnen Wörter diskutieren kann, ist es ein herrlich ironisch-satirisches Wort- und Gedankenspiel über Kultur, Unterhaltung und Geld! Zu Recht war das Buch für den Schweizer Literaturpreis nominiert!
Als wir Schwäne waren
Behzad Karim Khani
Hanser
2024
In diesem Roman verfasst Reza ein Buch, um seinem kleinen Jungen mitzuteilen, dass es immer ein „Weiter“ gibt, dass es immer auch einen Ausweg und neue Möglichkeiten von Heimat gibt. Wie wir es schon von seinem Debüt „Hund Wolf Schakal“ her kennen, geht es auch in diesem Roman wieder um das Aufwachsen im Ruhrgebiet. Der Ich-Erzähler Reza erzählt von seinen Erinnerungen an eine Jugend in einem Bochumer Stadtteil. Es sind Geschichten, von der ersten Jugendbande, der ersten Liebe, was es bedeutete, das einzige Ausländerkind in der Schule zu sein. Neben der Gewalt und den Drogendeals gibt es auch immer wieder liebevolle Milieuschilderungen. Seine Eltern (die Mutter Soziologin, der Vater Schriftsteller) sind aus dem Iran nach Deutschland geflohen. Während die Mutter nach vorne schaut, blickt der Vater mehrheitlich zurück und kapselt sich immer mehr ab. „Hier passen mir die Schuhe nicht“ sagt er und betritt nie wieder ein deutsches Schuhgeschäft. Gekonnt ändert Behzad Karim Khanis die Sprache, je nach Situation. Knapp und schlagwortartig unter den Jugendbanden, voller Empathie mit seinen Eltern. Das macht das Buch so authentisch und gibt uns einen realen Einblick in die Leben von Menschen, welche nicht dazugehören.
Reise nach Laredo
Arno Geiger
Hanser
2024
Meines Wissens das erste Mal, nimmt Arno Geiger ein historisches Thema für einen Roman auf. Die Hauptfigur in seinem neuen Roman lehnt sich an den historischen Monarchen Karl V. an, der von 1500 bis 1558 lebte und als König des spanischen Weltreichs zu seiner Zeit der mächtigste Herrscher der Welt war. Karl V. zog sich – wie die Romanfigur – kurz vor seinem Tod ins Kloster Yuste zurück. Mürrisch und von Gicht geplagt wartet Karl auf seinen Tod. In einem letzten Traum schickt Arno Geiger ihn auf die Reise nach Laredo. Im Traum kann er wieder laufen und reiten. Zusammen mit seinem bei ihm lebenden unehelichen Sohn Gerónimo macht er sich auf den Weg. Der Elfjährige weiß nicht, dass Karl sein Vater ist. Sie geraten in wilde Abenteuer, finden Weggefährten auf dem Weg nach Laredo. Karl lernt kennen, was er trotz Macht, Ruhm und Reichtum bisher nicht hatte: Freundschaft, Liebe, Unbeschwertheit und die Freiheit, die es bedeutet, nur im Moment zu leben. "Reise nach Laredo" ist ein Roman über das Loslassen, über das, worauf es im Leben ankommt.
The Book. Der ultimative Wegweiser zum Wiederaufbau einer Zivilisation.
Hungry Minds
2024
In kolorierten, handgezeichneten Bildern und gut verständlichen, kurzen Texten sind die wegbereitenden Erfindungen der Menschheit dokumentiert. Von grundliegenden Dingen wie Kleidung oder einfachen Werkzeugen bis hin zu Panzern oder Telegrafie ist in The Book fast alles vertreten. Es eignet sich als Geschenk für Liebhaber der Geschichte, beschränkt sich in seiner Vielfalt aber keineswegs auf den rein historischen Aspekt. Im Kapitel „Alltagsleben“ befinden sich modernere Gebrauchsgegenstände wie zum Beispiel das Parfüm oder die Schlüssel, während das Kapitel „Die ersten Dinge“ sich wiederum mit Entdeckungen wie dem Feuer oder Methoden, sich in der Natur Trinkwasser zu beschaffen, befasst. Auch die Bewirtschaftung der ersten Äcker ist enthalten. Viele Bilder sind nummeriert und die Bestandteile technischer Inventionen werden einzeln erklärt. Selbst wenn man sich nicht für alle Themen interessiert, ist dieses vielfältige Schmuckstück eine beeindruckende Zeitreise!
Der Schatten einer offenen Tür
Sasha Filipenko
Diogenes
2024
Schon lange bevor eine Suizidserie jugendlicher Heimkinder sie zum Medienspektakel macht, gilt die russische Provinzstadt Ostrog für alteingesessene Einwohner wie Durchreisende (denn Zuwanderung scheint kaum vorstellbar) gemeinhin als gottverlassene Sackgasse. Kommissar Koslow, aus Moskau geschickt, wird von den örtlichen Ermittlern als Vertreter der Weltstadt mit Argwohn empfangen, was diesem aber angesichts des Falles, mit welchem er sich konfrontiert sieht, und den privaten Krisen, die er nicht zuhause lassen konnte, kaum weiter zusetzt. Ohne Vorwarnung oder anderweitig ersichtlichen Auslösern haben sich binnen kurzer Zeit drei Bewohner des Ostroger Waisenhauses das Leben genommen. Keine Briefe, keine Vorfälle, welche als Trigger betrachtet werden könnten. Medien, Erziehungsverantwortliche und Ermittler sind allesamt in Aufruhr: Wer oder was treibt die Kinder zu solch einer endgültigen Tat? Filipenko zeichnet in Form dieses philosophischen Kriminalromans ein hellsichtiges Bild der ruralen Provinzen Russlands, stets gegenwärtig und nie beschönigend.
Die Stickerin
Margrit Schriber
bilgerverlag
2024
Margrit Schriber ist eher zufällig auf das Leben dieser bemerkenswerten Frau gestossen, 1980 lag es plötzlich ausgebreitet vor ihr, auf einem Tisch voller Gerätschaften, Porzellan, Handtaschen, Fotos, Briefbündeln und einer vernagelten Kiste Dom Pérignon. Dieser Tisch war alles, was Räss hinterlassen hatte, und Schriber, die damals als Notariatsassistentin arbeitete, sollte diese Hinterlassenschaft im Rahmen der Erbteilung Räss’ versammelter Verwandtschaft übergeben. Die Erblasserin wollte darin aber keinen Teilungsakt sehen, sondern eine «Stobete». Danach wartete im Hotel Hecht ein Gala-Diner, bezahlt von der Verstorbenen. Die ganze Sippschaft traf mit hohen Erwartungen ein – die reiche Tante aus Amerika lehrte sie jedoch das Staunen. Als Tochter eines Geissenbauern war Maria Antonia Räss chancenlos. Ihre besondere Begabung – schon als 5-jährige stickte sie ein Blattmuster von der ersten bis zur letzten Ranke durch, ohne die Stiche abzuzählen – trug schon früh zum Unterhalt ihrer Familie bei. Bald erkannte sie, dass sie im innerhodischen Appenzell nicht weit kam. Mit nichts als einer Sticknadel aus Stahl und Leinenballen im Gepäck überquerte sie den Ozean und gründete in New York ihre eigene Broderie. Schon bald stand das Kürzel MRA auf allen Stickereien am Central Park. Ihre Stickerinnen haben den Faden durchs feine Tuch gezogen, das von Berühmtheiten wie Eleonore Roosevelt, Julie Andrews, Isaac Stern und Walt Disney, mit dem sie eine lebenslange Freundschaft verband, bewundert (und getragen) wurde. Marie Antonia Räss hat das Appenzeller Kunsthandwerk in die Welt gebracht. Margrit Schriber entwirft mit diesem Roman das Lebensgemälde einer Pionierin und unerschrockenen Frau, und erzählt dabei eine Geschichte des 20. Jahrhunderts.
Kloster Northanger
Jane Austen
Reclam
2016
Dieser frühe Roman Jane Austens wurde zwar erst nach ihrem Tod 1817 publiziert, überzeugt aber heute gerade damit, was ihr zu Lebzeiten Bedenken daran bereitete. Grundsätzlich folgt die Handlung dem gesellschaftlichen Debüt der 17-jährigen Catherine Morland während der Frühlingssaison in Bath, nachdem sie ihre ereignislose Kindheit in einem unspektakulären englischen Dorf vor allem mit Romanen und Schauergeschichten aller Art gefüllt hatte. Überall erwartet sie, Opfer skandalöser Intrigen zu werden, erwartet Schauer-Ikone Ann Radcliffes Skelette hinter geheimnisvollen Vorhängen vorzufinden und wird doch jedes Mal enttäuscht, wenn die Realität sich als solche enthüllt. Die Autorin meldet sich im Text auch immer wieder in Reflexion dazu, nicht zuletzt gegenüber der damals als seichte Frauenlektüre abgetanen Gattung des Romans selbst. Durch die Augen ihrer auf naive Art sympathischen Heldin parodiert sie gezielt, jedoch ohne zu werten, den damaligen Sensationswahn, welche diese Bücher in gewissen Kreisen entfachten. Überhaupt ist die Protagonistin in ihrer Entwicklung sehr zeitlos; Natürlich fehlt auch die Austen so eigene ungezwungene Romanze dabei nicht. Ein Klassiker, der sich zweifelsohne auch heutzutage noch an (ehemalige) literaturvernarrte Jugendliche richtet!