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Lesetipps
LESETIPPS
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The Book. Der ultimative Wegweiser zum Wiederaufbau einer Zivilisation.
Hungry Minds
2024
In kolorierten, handgezeichneten Bildern und gut verständlichen, kurzen Texten sind die wegbereitenden Erfindungen der Menschheit dokumentiert. Von grundliegenden Dingen wie Kleidung oder einfachen Werkzeugen bis hin zu Panzern oder Telegrafie ist in The Book fast alles vertreten. Es eignet sich als Geschenk für Liebhaber der Geschichte, beschränkt sich in seiner Vielfalt aber keineswegs auf den rein historischen Aspekt. Im Kapitel „Alltagsleben“ befinden sich modernere Gebrauchsgegenstände wie zum Beispiel das Parfüm oder die Schlüssel, während das Kapitel „Die ersten Dinge“ sich wiederum mit Entdeckungen wie dem Feuer oder Methoden, sich in der Natur Trinkwasser zu beschaffen, befasst. Auch die Bewirtschaftung der ersten Äcker ist enthalten. Viele Bilder sind nummeriert und die Bestandteile technischer Inventionen werden einzeln erklärt. Selbst wenn man sich nicht für alle Themen interessiert, ist dieses vielfältige Schmuckstück eine beeindruckende Zeitreise!
Der Schatten einer offenen Tür
Sasha Filipenko
Diogenes
2024
Schon lange bevor eine Suizidserie jugendlicher Heimkinder sie zum Medienspektakel macht, gilt die russische Provinzstadt Ostrog für alteingesessene Einwohner wie Durchreisende (denn Zuwanderung scheint kaum vorstellbar) gemeinhin als gottverlassene Sackgasse. Kommissar Koslow, aus Moskau geschickt, wird von den örtlichen Ermittlern als Vertreter der Weltstadt mit Argwohn empfangen, was diesem aber angesichts des Falles, mit welchem er sich konfrontiert sieht, und den privaten Krisen, die er nicht zuhause lassen konnte, kaum weiter zusetzt. Ohne Vorwarnung oder anderweitig ersichtlichen Auslösern haben sich binnen kurzer Zeit drei Bewohner des Ostroger Waisenhauses das Leben genommen. Keine Briefe, keine Vorfälle, welche als Trigger betrachtet werden könnten. Medien, Erziehungsverantwortliche und Ermittler sind allesamt in Aufruhr: Wer oder was treibt die Kinder zu solch einer endgültigen Tat? Filipenko zeichnet in Form dieses philosophischen Kriminalromans ein hellsichtiges Bild der ruralen Provinzen Russlands, stets gegenwärtig und nie beschönigend.
Die Stickerin
Margrit Schriber
bilgerverlag
2024
Margrit Schriber ist eher zufällig auf das Leben dieser bemerkenswerten Frau gestossen, 1980 lag es plötzlich ausgebreitet vor ihr, auf einem Tisch voller Gerätschaften, Porzellan, Handtaschen, Fotos, Briefbündeln und einer vernagelten Kiste Dom Pérignon. Dieser Tisch war alles, was Räss hinterlassen hatte, und Schriber, die damals als Notariatsassistentin arbeitete, sollte diese Hinterlassenschaft im Rahmen der Erbteilung Räss’ versammelter Verwandtschaft übergeben. Die Erblasserin wollte darin aber keinen Teilungsakt sehen, sondern eine «Stobete». Danach wartete im Hotel Hecht ein Gala-Diner, bezahlt von der Verstorbenen. Die ganze Sippschaft traf mit hohen Erwartungen ein – die reiche Tante aus Amerika lehrte sie jedoch das Staunen. Als Tochter eines Geissenbauern war Maria Antonia Räss chancenlos. Ihre besondere Begabung – schon als 5-jährige stickte sie ein Blattmuster von der ersten bis zur letzten Ranke durch, ohne die Stiche abzuzählen – trug schon früh zum Unterhalt ihrer Familie bei. Bald erkannte sie, dass sie im innerhodischen Appenzell nicht weit kam. Mit nichts als einer Sticknadel aus Stahl und Leinenballen im Gepäck überquerte sie den Ozean und gründete in New York ihre eigene Broderie. Schon bald stand das Kürzel MRA auf allen Stickereien am Central Park. Ihre Stickerinnen haben den Faden durchs feine Tuch gezogen, das von Berühmtheiten wie Eleonore Roosevelt, Julie Andrews, Isaac Stern und Walt Disney, mit dem sie eine lebenslange Freundschaft verband, bewundert (und getragen) wurde. Marie Antonia Räss hat das Appenzeller Kunsthandwerk in die Welt gebracht. Margrit Schriber entwirft mit diesem Roman das Lebensgemälde einer Pionierin und unerschrockenen Frau, und erzählt dabei eine Geschichte des 20. Jahrhunderts.
Kloster Northanger
Jane Austen
Reclam
2016
Dieser frühe Roman Jane Austens wurde zwar erst nach ihrem Tod 1817 publiziert, überzeugt aber heute gerade damit, was ihr zu Lebzeiten Bedenken daran bereitete. Grundsätzlich folgt die Handlung dem gesellschaftlichen Debüt der 17-jährigen Catherine Morland während der Frühlingssaison in Bath, nachdem sie ihre ereignislose Kindheit in einem unspektakulären englischen Dorf vor allem mit Romanen und Schauergeschichten aller Art gefüllt hatte. Überall erwartet sie, Opfer skandalöser Intrigen zu werden, erwartet Schauer-Ikone Ann Radcliffes Skelette hinter geheimnisvollen Vorhängen vorzufinden und wird doch jedes Mal enttäuscht, wenn die Realität sich als solche enthüllt. Die Autorin meldet sich im Text auch immer wieder in Reflexion dazu, nicht zuletzt gegenüber der damals als seichte Frauenlektüre abgetanen Gattung des Romans selbst. Durch die Augen ihrer auf naive Art sympathischen Heldin parodiert sie gezielt, jedoch ohne zu werten, den damaligen Sensationswahn, welche diese Bücher in gewissen Kreisen entfachten. Überhaupt ist die Protagonistin in ihrer Entwicklung sehr zeitlos; Natürlich fehlt auch die Austen so eigene ungezwungene Romanze dabei nicht. Ein Klassiker, der sich zweifelsohne auch heutzutage noch an (ehemalige) literaturvernarrte Jugendliche richtet!
Seeraum
Adam Nicholson
Matthes & Seitz
2024
Hoch und unübersehbar ragen die schwarzen, 150 Meter hohen Klippen aus dem mintgrünen Wasser, Robben faulenzen an ihren Ufern, Hummer suchen sich ihren Weg durch Steine und Tang und über den Felsen drehen Tausende und Abertausende Seevögel ihre Runden – das sind die Shiants! Zu seinem einundzwanzigsten Geburtstag erhielt Adam von seinem Vater die kleine, schottische Inselgruppe der Äusseren Hebriden. Die Inseln mit ihrer jahrhundertealten Vergangenheit bieten ihm einen Ort der Zuflucht und der Einsamkeit. Mit einer funkelnden Leidenschaft erzählt er von der vielfältigen Vogelwelt, von ruhelosen Geistern und Geschichten über alte, archäologische Schätze wie auch über die Geologie der Inselgruppe. Aber vor allem erzählt er über das unendliche Freiheitsgefühl, das einen überflutet, sobald man die wasserumtosten Inseln betritt. Ein Sehnsuchtsbuch für alle, die karge Landschaften und Wind und Wetter lieben!
Im Osten der Träume
Nastassja Martin
Matthes & Seitz
2024
Über Jahrzehnte hinweg ihrem traditionellen Lebensstil beraubt, beschloss die indigene Bevölkerung Kamtschatkas nach dem Fall des eisernen Vorhangs, wieder in die Wälder ihrer Herkunft zurückzukehren. Die Even waren einst nomadisch und orientierten sich an den Bewegungen der Rentierherden - inzwischen gehören diese aber Investoren. Und nicht nur die koloniale Machtpolitik führte diesen Einschnitt herbei: Vom Klimawandel ganz zu schweigen drohen auch der zügellose Nickel-Abbau in der Nachbarschaft mit weiteren Verheerungen. Wie bewahrt man in einer sich so drastisch wandelnden Welt eine lebenswerte Identität? Während ihrer Zeit mit den Even beobachtete Nastassja Martin die versuchte Wiederaufnahme des Dialogs mit Natur und Lebensraum, der in dieser Gesellschaft bedeutend mit dem Träumen verflochten ist. Die Ethnologin gewährt nach ihrem internationalen Erfolg mit „An das Wilde glauben“ Einblick in den Alltag einer uns verborgenen Kultur und Existenzweise, wie sie sich wieder- aber teils auch völlig neu erfinden muss.
James
Percival Everett
Hanser
2024
Aus der Perspektive des Sklaven Jim wird Mark Twains Geschichte „Huckleberry Finn“ neu erzählt. Er greift die Personen von Mark Twain auf, ändert die Sichtweise und gibt den Sklaven eine Stimme. Jim hat sich selbst Lesen und Schreiben beigebracht. Seinen Kindern hat er eingeschärft, den Weissen immer zu geben, was sie sich wünschen. Sie stellen sich selbst als dumm und ungebildet dar, benutzen im Kontakt mit den Weissen eine kindliche Sklavensprache, untereinander eine differenzierte Ausdrucksweise. Als er verkauft und damit seiner Familie entrissen werden sollte, entscheidet er sich für die Flucht. Unterwegs trifft er auf Huck, einen jugendlichen Weissen, der ebenfalls auf der Flucht ist und so beginnt ihre abenteuerliche Fahrt auf dem Mississippi. Ein satirisches Meisterwerk, rasant, fesselnd und subversiv!
Jenseits des Grabes
Fred Vargas
Limes Verlag
2024
Langersehnt und endlich da! Nach Jahren ist ein neuer Kriminalroman von Fred Vargas erschienen. Wieder einmal geschieht ein Mord in einem Dorf in der Bretagne, voll verschrobener Gestalten und Geschichten. In Louviec wird ein Wildhüter tot aufgefunden, ein kostbares Messer steckt in seiner Brust. In der Nacht zuvor wollen die Alten des Dorfes den hinkenden Schritt eines Geistes gehört haben... Eine skurrile Geschichte, die den Pariser Kommissar Adamsberg nicht mehr loslässt. Voller Empathie für die Eigentümlichkeiten der Dorfbewohner, mit einem unvergleichlichen Auge für’s Detail ermittelt Adamsberg mit seinem Team in einer Mordserie in dem Flohbisse und Eier eine wichtige Rolle spielen. Ein Krimi mit Humor und ohne sinnlose Grausamkeiten!
Ein schönes Ausländerkind
Toxische Pommes
Zsolnay Verlag
2024
Toxische Pommes, alias Irina, eine Internetprominente und Kabarettistin hat mit „Ein schönes Ausländerkind“ ihren ersten Roman geschrieben. Sie erzählt von einem namenlosen Mädchen, das mit seinen Eltern vor dem Balkankrieg nach Niederösterreich flieht. Die Familie landet im Haushalt der Lehrerin Renate, die gern geflüchtete Menschen aufnimmt und für sich arbeiten lässt. Die Mutter, eine diplomierte Pharmazeutin, macht Renate den Haushalt, lernt deutsch und wiederholt nebenbei ihren Universitätsabschluss um dann mit einer Arbeitserlaubnis zuerst in einer Apotheke und später in der Forschung eines Pharmaunternehmens zu arbeiten. Die Tochter, aus deren Sicht erzählt wird, lernt schnell deutsch, hat Bestnoten in der Schule und wird trotzdem nicht fürs Gymnasium empfohlen. Der Vater, in der Heimat Ingenieur gewesen, tut sich schwer mit der Integration. Weil er die Sprache nicht lernt, erhält er keine Arbeitserlaubnis. Er entwickelt einen Putz- und Waschzwang und seine einzige Verbindung zur Aussenwelt sind die Tochter und das Internet. Die Gespräche der Familie stehen zweisprachig im Roman, in B/K/M/S (Bosnisch, Kroatisch, Montenegrinisch, Serbisch) und deutsch. In Fußnoten werden Redewendungen erläutert und man erfährt sehr viel über den Jugoslawienkrieg und die Zeit danach, wenn die Familie die Sommerferien bei den Verwandten in einem Paralleluniversum auf dem Balkan verbringt. Erschreckend authentisch sind die realitätsnahen Einblicke in bürokratische Hürden, den Alltagsrassismus und den Weg zur Staatsbürgerschaft. „Was hat uns Österreich gekostet? Meinen Vater seine Stimme, meine Mutter ihre Lebendigkeit. Und mich? Meinen Vater.“ Zahlreiche Absurditäten werden aber auch sehr humorvoll dargestellt und lassen herzhaftes Lachen zu. Die Autorin schreibt mit sehr viel Feingefühl über das, was Krieg, Migration und Ausgrenzung Menschen antut.
Bannmeilen
Anne Weber
Matthes & Seitz Berlin
2024
Als ihr Freund Thierry der Erzählerin vorschlägt, ihn auf Spaziergängen durch die Pariser Banlieues zu begleiten um einen Drehort für sein nächstes Filmprojekt zu suchen, dachte sie noch, was gibt es denn dort zu sehen? Ein Geflecht aus Schienen, Schnellstrassen und Autobahnen, gewaltige Supermärkte und Baustellen, riesige Wohnsilos, in den Millionen von Menschen leben. Doch muss sie sich eingestehen, dass sie jahrzehntelang blind gewesen ist für die nächste Nähe. Da sind zum Beispiel der von Schrotthalden umgebene muslimische Friedhof von Bobigny, auf dem ein algerischer Olympiasieger der 1920er-Jahre begraben liegt; die beiden kreisrunden Sozialwohnungsbauten von Noisy-le-Grand, die einander wie gigantische Camemberts gegenüberstehen; und tausend andere von Kolonialismus und Leid, von Hoffnung und Fortschritt erzählende Orte. Die Geschichte Frankreichs, der Algerienkrieg oder ein Durchgangslager für Juden, spielen eine Rolle und auch Thierry selbst entpuppt sich mit der Zeit als Teil dieser widersprüchlichen, ihrem Blick bislang verborgenen Welt. In einer sehr empathischen Art schreibt sie von den Menschen und deren Geschichte und auch wenn das Buch „nur“ von Spaziergängen handelt, ist es wunderschön zu lesen und keinen Moment langweilig!
Geordnete Verhältnisse
Lana Lux
Hanser
2024
Lana Lux erzählt die Geschichte von Faina und Philipp, die sich in den 90er Jahren kennenlernen und eine tiefe Freundschaft entwickeln. Der rothaarige Philipp führt ein einsames Leben zwischen alkoholkranker Mutter und strengkatholischer Tante. Faina, ein jüdisch-ukrainisches Einwandererkind ist ebenfalls rothaarig und kommt als 10jährige in Philipps Klasse. Die beiden Aussenseiter werden Freunde, eine Freundschaft, die für Philipp überlebenswichtig wird. Er ist ein sehr bestimmender und kontrollierender Mensch, der keine körperliche Nähe erträgt und Tiere lieber als Menschen mag. Faina ist dagegen eine sehr neugierige, lebenslustige Person. Als junge Erwachsene verlässt Faina Philipp schliesslich, als er ihren alten, kranken Hund ohne ihr Einverständnis einschläfern lässt. 15 Jahre später ist Philipp ein wohlhabender junger Mann mit Eigentumswohnung. Faina hat ein Studium abgebrochen, sich in Israel in sexuelle Abenteuer gestürzt und kehrt schwanger und mittellos zurück zu Philipp, der sich nun als Vater und Partner um Faina und das Kind kümmern will. Das Zusammenleben wird zunehmend schwieriger, Faina sucht Freundschaften und Sex mit Männern und Frauen. Philipp dagegen hat sich nicht unter Kontrolle, es kommt zu Demütigungen und rassistischen Äusserungen, vermehrt zu Gewaltausbrüchen. Eine toxische Beziehung, die schliesslich eskaliert. Die Autorin nimmt die LeserInnen mit auf eine emotionale Achterbahn. Zunächst verfolgt man die Geschichte aus der Sicht von Philipp, anschließend aus Faina’s Perspektive und im letzten Teil kommen beide Figuren als Ich-Erzählende zu Wort. Schonungslos offen schreibt Lana Lux über die Beziehung der Protagonisten. Sie versteht es zu fesseln, da sie zahlreiche Alltagsthemen in Extremen, aber ohne zu überzeichnen einbaut. Es wird nachvollziehbar, wie schwierig es ist einer toxischen Beziehung zu entkommen. Eine Erzählung mit Sogwirkung und überzeugendem Ende.
Wir werden jung sein
Maxim Leo
Kiepenheuer & Witsch
2024
Vier Patienten an der Berliner Charité nehmen an einer Medikamentenstudie gegen Herzmuskelentzündung teil. Die fünfte Dosis nimmt der Arzt und Studienleiter selbst ein. Der kranke Herzmuskel regeneriert sich, aber das Medikament wirkt weiter. Die Patienten verjüngen sich. Eine ehemalige Olympiaschwimmerin z. B. erzielt mit Mitte 30 neue Rekorde und Jakob, eigentlich gerade frisch verliebt, kann mit Mädchen plötzlich nichts mehr anfangen. Und der alte schwerkranke Unternehmer, auf dessen Tod die Erben warten, weiss plötzlich nicht mehr, was er mit so viel neuer Kraft und Energie eigentlich machen soll. Maxim Leo beschreibt, welche Probleme entstehen können und ob es überhaupt erstrebenswert wäre, ewige Jugend zu erhalten. Sein Roman bietet nicht nur beste Unterhaltung, sondern behandelt die moralischen, ethischen und gesamtgesellschaftlichen Konsequenzen einer solchen Entwicklung. Der Autor hat sehr gut recherchiert und sich unter anderem mit Molekularbiologen und Genetikern besprochen. Ein brillant geschriebenes Lesehighlight, dabei tiefsinnig und sehr zum Nachdenken anregend.
Trophäe
Gaea Schoeters
Hanser
2024
Gaia Schoeters Roman „Trophäe“ liest sich wie im Rausch, provozierend radikal mit moralischen Abgründen. Der wohlhabende Amerikaner Hunter, dessen Vater und Großvater bereits leidenschaftliche Jäger waren und ihm mit seinem Namen praktisch seine Bestimmung in die Wiege legten, erhält von seinem Freund und Jagdveranstalter van Heeren das Angebot, ein Spitzmaulnashorn zu schiessen. Nach Löwe, Leopard, Büffel und Elefant, die Krönung für den Jäger mit den „Big Five“. Wilderer durchkreuzen allerdings die Pläne und Hunter will sich rächen. Als Van Heeren ihm die „Big Six“ vorschlägt, ist er zunächst geschockt, verliert aber nach und nach die Scheu und überschreitet schliesslich eine Grenze. Die niederländische Autorin erzählt diesen extremen Roman mit einer solchen Wucht, dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann. Ihre Beschreibungen der Natur in all ihrer Wildheit und Schönheit sind atemberaubend. Spannend und atmosphärisch – ein Lesehighlight!
Der Horla
Guy de Maupassant
Reclam
2023
Nach langem Warten (von Seiten der Buchhandlung jedenfalls) nun endlich neu übersetzt und schöner aufgemacht denn je: Von den italienischen Balbusso-Zwillingen illustriert wird de Maupassants Novelle im Tagebuchstil atmosphärischer denn je. Der langsame Abstieg in den Wahnsinn wird unterstrichen und verbildlicht, ohne das Element der Unwissenheit zu vermindern. Denn während der Erzähler sich sicher ist, dass sein Willen im Schlaf von keinem anderen als dem Horla manipuliert wird und auch die sich selbst umblätternden Buchseiten dessen Werk sind, gibt es bei der Beweissuche ein Problem: der Horla ist nämlich unsichtbar. Die unvermeidlich scheinende Abwärtsspirale lässt auch den Leser immer wieder zwischen der Existenz des Wesens und der Unzurechnungsfähigkeit des Erzählers hin- und hergerissen.