Die Nacht unterm Schnee
Ralf Rothmann
Suhrkamp
2022
Mehrfach vergewaltigt, vom Hunger gezeichnet, wird Elisabeth im Winter 45 von einem russischen Deserteur in einem Bunker gepflegt. Manchmal hört sie Schritte und stellt sich vor, wie sie gesucht wird. Doch dann denkt sie, dass sie gar nicht mehr weiterleben möchte, alle ihre Liebsten waren im Krieg umgekommen. Aber sie kann dem nicht ausweichen. Wie wohl viele in der Nachkriegszeit, begräbt sie ihre Gefühle in ihrem Innersten, deckt sie mit Arbeit zu, tanzt auf jeder Hochzeit, schlingert von einer Kirmes zur nächsten, süchtig nach Ablenkung. Doch dann lernt sie Walter kennen, für den es nicht schöneres gibt als das Leben auf dem Hof, die Landschaft und eben Elisabeth. Zusammen schuften sie als Melkerpaar auf einem Hof in Norddeutschland, bekommen zwei Kinder und nachdem die Gutsherrin sie eines Diebstahls bezichtigt hat, werden sie entlassen. Sie ziehen in die Stadt in die Nähe der Schwiegermutter, Walter arbeitet unter Tag und Elisabeth ist mit den Kindern zuhause. An den Wochenenden geht sie tanzen, alleine, Walter ist zu müde. Erneut tingelt sie von einem Fest zum nächsten, versteckt ihre Angst vor den Männern hinter einer Bissigkeit, die alle um sie herum verletzt. Während der stille Walter sich mit seiner Geschichte unter Tag vergräbt, vermeidet seine Frau es, zur Besinnung zu kommen und lässt dabei ihre Zigaretten nicht ausgehen. Atemlos und spannend beschreibt Ralf Rothmann die Geschichte einer Frau, der das im Krieg erlittene Leid immer im Wege steht.